Die Diagnose Krebs ist für PatientInnen verständlicherweise ein Schock und versetzt sie – von einem Moment auf den anderen – in einen äußerst belastenden Ausnahmezustand. Nun gilt es, gemeinsam mit dem behandelnden Arzt beziehungsweise der behandelnden Ärztin wichtige Entscheidungen über die zukünftige Therapie zu treffen.
Der Gedanke, in dieser Situation einen Test auf Genmutationen und ihre Folgen durchführen zu lassen, kann von PatientInnen als zusätzliche Belastung empfunden werden. Dennoch sollte diese Option bestenfalls schon frühzeitig in Betracht gezogen werden. Denn anhand der Tests lässt sich feststellen, ob im individuellen Fall bestimmte Behandlungen für die betroffene Person infrage kommen. Die Testungen können für PatientInnen somit eine wichtige Entscheidungshilfe bei der Therapieplanung sein.
Brustkrebspatientin nach der Diagnose
Im Kampf gegen den Krebs verfolgt die moderne Medizin verschiedene Ansätze. Einer davon ist die zielgerichtete Krebstherapie, die auf die besonderen Merkmale einer Tumorerkrankung zugeschnitten ist.
Möglich ist ihr Einsatz beispielsweise, wenn die Krebserkrankung durch Mutationen in Genen ausgelöst worden ist, die für eine besondere Art der DNA-Reparatur zuständig sind: die homologe Rekombination (HR). Wird dieser DNA-Reparaturmechanismus in seiner Funktion gestört, spricht man von einer homologen Rekombinationsdefizienz, kurz HRD.
Einerseits können Krebserkrankungen durch eine HRD verursacht werden. Andererseits bieten sie der modernen Medizin einen gezielten Angriffspunkt zur Bekämpfung von bestimmten Tumoren.
Eine Testung kann insbesondere für zwei Personengruppen sinnvoll sein:
• PatientInnen mit Brustkrebs, Eierstockkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs oder Prostatakrebs, die herausfinden möchten, ob eine gezielte Therapie eine Option für sie sein könnte. Man spricht in diesem Fall von einem diagnostischen Test. Für diese Personengruppe kann ein BRCA-Test und für Patientinnen mit Eierstockkrebs auch ein HRD-Test infrage kommen.
• Gesunde Ratsuchende, die sich über ihr individuelles Risiko informieren möchten, im Laufe des Lebens an den oben genannten Krebsarten zu erkranken. In diesem Fall spricht man von einem prädiktiven, also vorhersagenden Test. Für diese Personengruppe kann ein Gentest auf eine BRCA-Mutation infrage kommen.
Zum Zweck der Therapieplanung können für PatientInnen unterschiedliche Tests auf Genmutationen und ihre Folgen eingesetzt werden.
• PatientInnen mit Brustkrebs kann unter anderem folgender Gentest dabei helfen, die für sie richtige Behandlung zu finden:
– Ein BRCA-Test anhand einer Blutprobe. Lässt sich eine Keimbahnmutation der BRCA-Gene nachweisen, ist eventuell eine zielgerichtete Therapie möglich.
• Patientinnen mit Eierstockkrebs können unter anderem folgende Tests dabei helfen, die für sie richtige Behandlung zu finden:
– Ein BRCA-Test anhand einer Blutprobe und/oder am Tumorgewebe. Liegt eine somatische Mutation oder eine Keimbahnmutation der BRCA-Gene vor, kommt eventuell eine zielgerichtete Therapie infrage.
– Ein HRD-Test. Mit diesem Test lassen sich – neben einer BRCA-Mutation – typische DNA- Schäden (genomische Narben) im Gewebe feststellen, die auf eine homologe Rekombinationsdefizienz schließen lassen. In diesem Fall ist unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls eine zielgerichtete Therapie möglich.
• PatientInnen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs kann unter anderem folgender Gentest dabei helfen, die für sie richtige Behandlung zu finden:
– Ein BRCA-Test anhand einer Blutprobe. Lässt sich eine Keimbahnmutation der BRCA-Gene nachweisen, ist eventuell eine zielgerichtete Therapie möglich.
• Patienten mit Prostatakrebs kann unter anderem folgender Gentest dabei helfen, die für sie richtige Behandlung zu finden:
– Ein BRCA-Test anhand einer Blutprobe und/oder am Tumorgewebe. Kann eine somatische Mutation oder eine Keimbahnmutation der BRCA-Gene nachgewiesen werden, ist eventuell eine zielgerichtete Therapie möglich.
Ob eine zielgerichtete Therapie für Sie infrage kommt, kann von verschiedenen Faktoren abhängen. Neben der Art der Krebserkrankung zählen dazu unter anderem auch weitere Besonderheiten des Tumors, das Stadium der Krankheit oder bereits erfolgte Behandlungen. Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin um Rat, welche Tests in Ihrem individuellen Fall für die Planung Ihrer Therapie empfohlen werden.
Weitere Informationen zum Ablauf des BRCA-Tests finden Sie hier.
Weitere Informationen zum Ablauf eines HRD-Tests finden Sie hier.
Brustkrebspatientin vor einem BRCA-Test
Bei PatientInnen mit Krebserkrankungen erfolgen Tests auf Genmutationen und ihre Folgen in erster Linie zu dem Zweck, die für sie optimale Therapie zu finden. Darüber hinaus kann ein BRCA-Test aber sowohl PatientInnen als auch gesunden Ratsuchenden noch weitere wichtige Informationen liefern.
Der Nachweis einer BRCA-Keimbahnmutation kann über Folgendes Auskunft darüber geben:
• Ob ein erhöhtes Risiko besteht, an weiteren Tumorarten zu erkranken beziehungsweise eine Zweiterkrankung zu entwickeln. Denn eine BRCA-Keimbahnmutation kann, je nach Geschlecht der Person, die Entstehung von zum Beispiel Brustkrebs, Eierstockkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs und Prostatakrebs begünstigen. Liegt eine solche Mutation vor, können je nach Krebserkrankung engmaschige Maßnahmen zur Früherkennung oder Vorsorge ergriffen werden.
Ein sogenannter prädiktiver (vorhersagender) BRCA-Test macht für gesunde Ratsuchende insbesondere dann Sinn, wenn in der Familie die genannten Krebserkrankungen gehäuft auftreten und enge Familienmitglieder betroffen sind.
• Ob das Risiko besteht, eine BRCA-Mutation an die Nachkommen weiterzugeben. Die Wahrscheinlichkeit, eine Keimbahnmutation zu vererben, liegt bei 50 Prozent.
• Ob ein erhöhtes Risiko besteht, dass eventuell auch enge Familienmitglieder eine BRCA-Keimbahnmutation – und somit ein erhöhtes Erkrankungsrisiko – in sich tragen. Eine solche Mutation wird durch die Eltern vererbt, daher können beispielsweise auch Geschwister von PatientInnen betroffen sein.
Eine BRCA-Keimbahnmutation kann anhand einer Blutprobe festgestellt werden. Weitere Infos zum Ablauf des Gentests sowie zur Kostenübernahme finden Sie hier.